Einig waren sich die Referenten des 5. Forums Bielefelder EnergieWerte darin, dass das klimaneutrale Bauen eine Vielzahl von Chancen bietet, den Komfort zu steigern und die Betriebskosten zu senken: (von links) Frederik Janke, Janina Francke, Michael Kapke und Marc Nuding.
Foto: Kummrow für reich + hölscher
Klimaneutrales Bauen bietet eine Vielzahl von Chancen
Reich + Hölscher-Forum beleuchtet Top-Thema der Baubranche Bielefeld. 13. September 2023. Die Politik in Brüssel und Berlin ist sich einig: In wenigen Jahren darf nur noch klimaneutral gebaut werden. Doch was wird genau erwartet von Investoren und Bauherren, von Architekten und Fachplanern? Antworten auf diese Frage hat jetzt das 5. Forum Bielefelder EnergieWerte der Reich + Hölscher TGA-Planer GmbH erarbeitet.
Der Neubau – egal ob Wohn- oder Firmenimmobilien – befindet sich gerade in einer dreifachen Schockstarre: Die Zinsen sind unerwartet schnell angestiegen und die Inflation heizt die Baupreise weiter an. Und die Energiekreise zwingt zu neuen Versorgungskonzepten. Aber: „Klimaneutrales Bauen klingt einfach, ist aber im Detail sehr komplex“, weiß Senior-Geschäftsführer Michael Kapke von Reich + Hölscher.
Klimaneutral hat noch viele Dimensionen
Einen ersten Versuch der Definition wagte Janina Francke, Bauphysikerin und Energieeffizienzexpertin. Gemeint sei landläufig die Reduktion des künftig laufenden Energieverbrauchs auf ein machbares Minimum bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz. Klimaneutral könne aber auch bedeuten, die Menge an sogenannter Grauer Energie für die Erzeugung, den Transport und die Verarbeitung der Baustoffe zu reduzieren. Oder auch den späteren Rückbau schon beim Neubau mitzudenken. Am wichtigsten sei, dass bedarfsgerecht im Sinne von nur so groß wie nötig gebaut werde. Und dass man für die energetische Bilanzierung den gesamten Lebenszyklus betrachte.
Energiebedarf bestimmt Architektur mit
Michael Kapke, Geschäftsführer der gastgebenden Reich + Hölscher TGA-Planer GmbH, beleuchtete das Thema aus Sicht der Fachplaner für die Technische Gebäudeausrüstung: Der Energiebedarf und die daraus entstehende Versorgungstechnik müsse vom ersten Tag an Bestandteil jedes Konzepts sein. Bedarfe seien nach Kräften zu minimieren; was nicht gebraucht werde, müsse auch nicht erzeugt werden. Für alle Gebäude gelte, dass mittlerweile jedes Objekt mit erneuerbaren Energien versorgt werden könne. Doch dazu brauche es eine deutlich filigranere Planung, eine verlässliche Simulation sowie am Ende eine hochleistungsfähige Steuerung der Technik auf Basis lokaler Wetterprognosen. Wirtschaftlich werden solche neuen Konzepte vor allem durch einfache Detaillösungen sowie die Beachtung altbekannter physikalischer Gesetze. So empfahl er die Nutzung von Wasser als simplen Speicher für Wärme und Kälte sowie die Einbeziehung von Regenrückhaltebecken und Abwasserleitungen in die Deckung des Kühl- und Heizbedarfs von Gebäuden.
Vorzeigeschule begeisterte Besucher
Am leichtesten hatte es Architekt Marc Nuding vom Stuttgarter Büro bez+kock, die Zuhörer zu begeistern: Denn das Forum fand in einem mehrfach prämierten Vorzeigebau statt, an dem sowohl er wie auch Janina Francke und das Team von Michael Kapke mitgewirkt hatten: Der Neubau der Hildburgschule, einer Integrierten Gesamtschule in Rinteln. Der 120 Meter lange, teils zweigeschossige Holzbau mit einem hochintelligenten Raumkonzept und lichtdurchfluteten Innenhöfen beeindruckt mit einem Anschluss an ein Nahwärmenetz, das von der Biosgasanlage eines nahen Bauernhofs gespeist wird. Aber auch durch eine clevere, weil einfache Lüftung. So wunderte es wenig, dass sich viele der Forumsbesucher abschließend einer Führung durch Schulleiter Torsten Rudolf anschlossen.
Nach dem GEG ist noch nicht Schluss
Letztlich gab noch Frederik Janke vom Bundesbauministerium einen Überblick über aktuelle politische Entwicklungen auf dem Weg zur Erreichung eines CO2-neutralen Gebäudesektors. Der für energieeffizientes Bauen und Sanieren zuständige Jurist berichtete zunächst vom gegenwärtigen Stand der Verhandlungen auf europäischer Ebene zur Änderung der EU-Gebäuderichtlinie. Während das Ziel einer klimaneutralen Union bis 2050 feststehe, sei man sich über den richtigen Weg, wie dies für den Gebäudebereich zu erreichen ist, noch nicht final einig. Auf nationaler Ebene stelle die kürzlich vom Bundestag beschlossene Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zum Umstieg auf erneuerbares Heizen einen wichtigen Meilenstein zur Erreichung der gesteckten Klimaziele dar. Mit dem sogenannten Heizungsgesetz werde der Grundstein dafür gelegt, dass spätestens ab 2045 Heizungen nicht mehr mit fossilen Energieträgern betrieben werden. Zum Abschluss erfolgte dann noch ein kurzer Ausblick auf weitere im Koalitionsvertrag angesprochene Maßnahmen für den Gebäudebereich, wie etwa die mögliche Einführung einer Vorgabe zur Nutzung von Solarenergie bei Neubauten. Details zu einer Umsetzung stünden allerdings noch nicht fest.
Mehr Infos unter www.reich-hoelscher.de/biew/